
Manche Menschen betreten die Kirche, um Bestätigung für ihr eigenes Leben zu finden. Sie erwarten, dass ihre Vorstellungen, ihr Lebensstil oder ihre politischen Überzeugungen anerkannt werden. Gottes Haus wird für sie zum Spiegel ihrer eigenen Wünsche, ohne dass sie wirklich auf Gottes Ruf achten. „Eines habe ich vom HERRN erfragt, dieses erbitte ich: im Haus des HERRN zu wohnen alle Tage meines Lebens; die Freundlichkeit des HERRN zu schauen und nachzusinnen in seinem Tempel“ (Ps 27,4). Haben wir vergessen, dass Treue, Hingabe und Opferbereitschaft zentrale Forderungen des Glaubens sind? Wer nur nach Zustimmung sucht und sich selbst feiert, steht im Hause Gottes am falschen Ort.

Wenn der Mensch zum Maßstab wird
Der moderne Mensch hat gelernt, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Erfolg, Anerkennung und Selbstausdruck gelten als höchste Werte. Eine solche Haltung dringt leider auch in die Kirche ein. Viele fragen nicht mehr, was Gott will, sondern was sie von der Kirche erwarten dürfen – ja, sie stellen sogar erpresserische Forderungen. Der Glaube wird dadurch zum Produkt, die Liturgie zur Bühne. Das Wort Christi: „Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Lk 9,23), klingt in einer Zeit, die Selbstverwirklichung predigt, wie eine Zumutung. Doch ohne die Bereitschaft, sich selbst zurückzunehmen, verliert jeder echte Glaube seine Richtung.
Die Folge ist eine subtile Umkehrung des Evangeliums. Der Mensch ruft Gott zur Zustimmung – und nicht umgekehrt. Man sucht Segnung für jede Entscheidung, aber wehe, man solle sich ändern und umkehren. Man fordert Verständnis für die eigene Sicht- oder Lebensweise, aber keine Wahrheit, die sich gegen das eigene Ego richtet, will man akzeptieren. Mit anderen Worten: Die Kirche wird zu einem Ort, an dem sich die Gläubigen gegenseitig versichern, dass alles richtig sei, solange es sich gut anfühlt. Dabei verliert sie ihren inneren Kompass. „Denn es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern sich nach eigenen Begierden Lehrer sucht, um sich die Ohren zu kitzeln; und man wird von der Wahrheit das Ohr abwenden, sich dagegen Fabeleien zuwenden“ (2 Tim 4,3-4). Diese Zeit ist keine Zukunftsvision des heiligen Paulus mehr – sie ist Gegenwart.

Die Selbstfeier im Gewand des Glaubens
Heilige Rituale, die mehr die eigene Lebensweise als den Glauben in den Mittelpunkt stellen, verwechseln Selbstakzeptanz mit Heiligung. Die offizielle LGBTQ-Wallfahrt nach Rom (am 06.09.2025) war ein sichtbares Zeichen einer solchen Entwicklung. Sie war Ausdruck der Forderung nach kirchlicher Zustimmung zu einer Lebensweise, die der kirchlichen Lehre zutiefst widerspricht. Manche mögen das Fortschritt oder Öffnung nennen. In Wirklichkeit war diese und ähnliche Veranstaltungen eine Entleerung des Glaubens, weil sie das Heilige auf das Persönliche reduziert.
Wer den Glauben auf sich selbst richtet, verliert den Blick auf Gott. Kirche ist kein Ort, an dem der Mensch sich feiert. Kirche ist Gottes Haus – hier wird Gott angebetet, und nur Er. Und Sein „Haus soll ein Haus des Gebetes genannt werden“ (Mt 21,13). Wenn sie zur Bühne für Lebensstile und Stimmungen wird, verliert die Kirche alles. Glauben heißt, sich Gott anzuvertrauen, auch gegen das eigene Empfinden. Wo Menschen aufhören, sich selbst zu feiern, da erst beginnt wahre Anbetung.

Zurück zum Zentrum
„Ich bin so, wie ich bin, richtig“ – das ist die falsche Einstellung. Wer im Glauben reifen will, muss den Mut haben, sich selbst kritisch zu prüfen. Kirche darf kein Raum der Selbstspiegelung sein. „Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen“ (Lk 22,42) – dieses Wort Jesu fasst das Wesen des Glaubens vollkommen zusammen. Der Weg zur Heiligkeit führt über Hingabe, nicht über Zustimmung. Nur wer bereit ist, den eigenen Willen Gott zu unterstellen, findet Frieden und Klarheit. Eine Kirche, die Gott wieder in den Mittelpunkt stellt, wird Menschen verändern – nicht, weil sie ihnen nach dem Mund redet, sondern weil sie ihnen Wahrheit schenkt.