
Immer wieder ist in der Adventszeit vom Johannes dem Täufer zu hören. Dann denken viele an einen strengen Mann, mit einer Kamelhaaren-Weste bekleidet und in der Wüste predigend. Ganz anders, als man sich einen Propheten vorstellt. Schon gar nicht damals. Denn Johannes sitzt nicht im Tempel oder in den Städten, wo religiöse Autorität sich in Bequemlichkeit wiegt. Auch diskutiert er nicht in den Synagogen. Nein! Sein Ruf kommt aus der Wüste. Einem gefährlichen Ort, an dem kein Leben in Sicherheit herrscht. Dass Johannes die Menschen dorthin ruft, macht seine Botschaft radikal: Wer Gott begegnen will, muss bereit sein, sich seinem Ego, seinen Gewohnheiten und der Realität von Sünde und Tod zu stellen.
Ort der Prüfung und der Umkehr
Die Wüste ist lebensfeindlich, voller Entbehrung und Gefahr. Biblisch gesprochen ist die Wüste sogar der Ort des Teufels. Die Israeliten erfahren die volle Härte der Wüste auf dem Weg aus Ägypten. Ja, Jesus selbst wird hier versucht (Mt 4,1–11).
Johannes wählt die Wüste bewusst. Gegen aller Erwartung. Denn normalerweise sprechen die Propheten im Tempel, dort, wo das religiöse Leben der damaligen Zeit seinen Puls hatte. Der Täufer passt nicht dahin. Er ruft Menschen heraus aus den gewohnten Strukturen und Sicherheitssystemen ihrer Städte. Sein Aufruf lautet: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe“ (Mt 3,2). Eigentlich sollten wir seine Botschaft vom Wort her passender machen: „Denkt um! Bereitet euch auf das Kommen Gottes! Hört auf, euch selbst in den Mittelpunkt zu stellen, und fangt an, Gottes Wort und Wille ernst zu nehmen!“
Der Prophet spricht auch die religiösen Autoritäten an: „Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt? (…) meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben Abraham zum Vater“ (Mt 3,7-9). Mit diesen Worten zeigt er, wie weit sich manche von Gott entfernt haben, weil sie sich auf Gesetze, Traditionen oder ihr eigenes Ansehen verlassen. Was bringen dir solche Sachen, wenn sich dein Herz um dich selbst dreht?
Wahre Umkehr heißt nicht nur, Regeln zu befolgen oder Schuld zu bereuen. Es bedeutet, das eigene Leben komplett neu auszurichten. Die Wüste macht diesen Schritt sichtbar. Menschen, die sich auf den Weg zu Johannes machten, kommen, weil sie den Wunsch verspüren, ihr Denken und ihr Herz zu klären. Sie merken, dass alles, was vorher Sicherheit gegeben hat – Stadt, Tradition, äußere Frömmigkeit – hier, in der Wüste, keinen Halt bietet. Denn der leere Ort zwingt zur Reflexion: Man tritt bewusst in einen Raum, der existenziell herausfordert, wo Tod, Versuchung und sogar das Böse präsent ist. Das Verweilen in der Wüste zwingt einen, die eigene Haltung zu prüfen und sich geistlich neu auszurichten. Und in der Wüste gibt es nur zwei Ausrichtungen: der Tod oder Gott. Für die zweite Ausrichtung ist Johannes ein erbitterter Befürworter.

Taufe als sichtbare Umkehr
Ein zentrales Zeichen der Umkehr ist die Taufe, die Johannes spendet: „Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt“ (Mt 3,8). Die Menschen müssen bereit sein, wenn das Reich Gottes kommt. Die Taufe reinigt und ist das öffentliche sichtbare Bekenntnis, das eigene Denken und Handeln an Gott auszurichten. Ein klares Ja zu Gott!
Die Taufe ist zugleich auch ein Anfang: Sie markiert den Übergang von Selbstzentriertheit zu Gottbezogenheit, vom Denken nach eigenem Vorteil hin zur Orientierung an Gottes Maßstäben. Aus der Wüste gerufen, treten Menschen aus den Strukturen der Städte, in denen Status, Tradition oder äußere Frömmigkeit Sicherheit geben, hinaus in die Stille und Leere und treffen dort eine klare Entscheidung. Sie bekennen öffentlich, dass sie ihr Leben prüfen und neu ausrichten wollen.
In der Praxis bedeutet das: Nach der Taufe ist nicht alles erledigt. Die Handlung im Wasser zeigt die Bereitschaft zur Umkehr, aber sie verpflichtet zu täglicher Ausrichtung von Denken, Worten und Handeln.
Johannes bereitet so die Menschen auf das Kommen Christi vor: Nicht durch seine prophetischen Worte allein, sondern durch eine Handlung, die deutlich macht, dass das Denken, die Haltung und das Handeln von Gott her bestimmt werden sollen.

Wegbereiter Christi
Johannes der Täufer tritt selbst zurück: „Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich und ich bin es nicht wert, ihm die Sandalen auszuziehen“ (Mt 3,11). Sein Ziel ist klar: die Menschen auf Christus vorzubereiten. Johannes als Vorbild zeigt uns, dass geistliche Klarheit kein Privileg der Tempelbesucher oder religiösen Elite ist. Sie beginnt dort, wo jemand bereit ist, sein Denken zu verändern und Gott in den Mittelpunkt zu stellen. Und er lädt alle ein, die Chance zu ergreifen, Ängste und Versuchungen zu erkennen und das eigene Leben radikal auf Gott auszurichten.
Seine Botschaft ist bis heute aktuell: Auch wir müssen manchmal aus gewohnten Strukturen heraus, um unser Denken zu ordnen. Wir sollen der Stimme aus der Wüste folgen und umdenken. Unsere Taufe haben wir schon. Doch leben wir bewusst aus Gott heraus? Oder steht doch zu oft das eigene Ich im Weg? Wann wäre ein besserer Zeitpunkt als der Advent, die Zeit der Vorbereitung auf das Kommen Christi?
Lass uns also unser Denken neu auszurichten und Gott wirklich ins Zentrum unseres Lebens stellen. So können wir bereit sein auf das Kommen Christi!

