
Es gibt Zeiten, in denen Gott schweigt. Wer Krankheit, Schuld oder Verzweiflung trägt, spürt dieses Schweigen wie ein Gewicht auf der Brust. Doch kaum bleibt es still, melden sich andere Stimmen, die behaupten, im Auftrag Gottes bzw. in seinem Namen zu reden. „Geliebte, traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt hinausgezogen.“ (1 Joh 4,1).
Denn heute wie damals gilt: Nicht jede fromme Rede ist vom Geist getragen, und manche, die sich als Gottes Stimme ausgeben, sprechen nur von sich selbst.
Vom Überdruss des Schweigens zu den falschen Stimmen
Die Bibel zeigt schonungslos, wie gefährlich falsches Reden im Namen Gottes ist. Das bezeugt schon Jeremia: „So spricht der HERR der Heerscharen: Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch prophezeien! Sie betören euch nur; sie verkünden Visionen, die aus dem eigenen Herzen stammen, nicht aus dem Mund des HERRN.“ (Jer 23,16). Wer heute meint, Gottes Willen so präzise zu kennen, dass er mit jedem Satz moralische Urteile über andere fällen kann, steht in derselben Gefahr. Wenn Gott schweigt, dann füllen manche die Stille mit eigenen Parolen. Selbsternannte Prediger, die im Netz Schlagworte schleudern, als hätten sie die Offenbarung gepachtet. Oder Kirchenführer, die mehr an Zustimmung und Einfluss denken als an die Wahrheit. Solches Reden beansprucht göttliche Autorität, doch es nährt nur das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit.

Das Buch Hiob zeigt, wie verheerend das ist. Seine Freunde reden endlos, analysieren sein Leiden und legen Gottes Willen aus. Doch Gott selbst entlarvt sie: „Mein Zorn ist entbrannt gegen dich und deine beiden Freunde, denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Ijob.“ (Hiob 42,7). Heute wiederholt sich dieses Muster. Wenn jemand nach schwerem Schicksalsschlag hört: „Das war Gottes Plan für dich“, dann klingt es zwar fromm, aber es verletzt und widerspricht der biblischen Demut. Gott verlangt nicht schnelle Erklärungen, sondern die Bereitschaft, Sein Schweigen zu ertragen. Wer es mit menschlichen Formeln übertönt, spielt sich zum Sprecher Gottes auf – und das ist Blasphemie par excellence.
Wenn Gott für menschliche Machtansprüche herhalten soll
Schon in den ersten Gemeinden warnte Paulus: „Denn diese Leute sind Lügenapostel, unehrliche Arbeiter; sie tarnen sich freilich als Apostel Christi.“ (2 Kor 11,13). Wer damals den Namen Christi missbrauchte, wollte oft Ansehen, Einfluss oder Geld. Wer heute religiöse Sprache benutzt, um politische Programme zu rechtfertigen, Spendenflüsse zu sichern oder moralische Überlegenheit zu demonstrieren, steht in derselben Linie. Wir erleben es, wenn Predigten zur Bühne für Ideologien werden oder wenn der Glaube als Schlagwort dient, um eigene Agenden durchzusetzen. Hier geht es nicht mehr um Gott. Es geht bloß um Macht.
Jesus stellt dem eine kompromisslose Wahrheit entgegen: „Eure Rede sei: Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.“ (Mt 5,37). Diese Klarheit fehlt leider oft. Stattdessen hört man Reden, die keine Kante mehr haben: Gebetsworte, die wie politische Pressemitteilungen klingen, Predigten, die jede unbequeme Wahrheit meiden, und fromme Veranstaltungen, die mehr Eventcharakter haben als geistliche Tiefe. Das ist kein Reden im Namen Gottes, sondern eine religiöse Maskerade. Und wer sich damit zufriedengibt, ersetzt Gottes Stimme durch frommen Lärm.

Die Wahrheit im Schweigen Gottes finden
Gottes Schweigen ist keine Einladung, mit Phrasen zu füllen, was Er nicht gesagt hat. Es ist eine Prüfung des Glaubens. „Als Vorbild gesunder Worte halte fest, was du von mir gehört hast in Glaube und Liebe in Christus Jesus!“ (2 Tim 1,13) erinnert uns daran, dass die Wahrheit nicht aus menschlicher Schlagfertigkeit wächst. Ganz im Gegenteil! Sie wächst aus dem, was Gott wirklich offenbart hat und nur daraus.
Wer in seinem Namen redet, ohne dass Er gesprochen hat, führt Menschen irre und entstellt den Glauben. Glaubwürdiges Reden entsteht nur aus Demut, Schweigen und Treue zum Wort Gottes. Alles andere ist Verrat.