
Heute feiern wir die drei heiligen Erzengel: Michael, Gabriel und Rafael. Warum feiern wir sie? Viele Menschen haben kaum eine Vorstellung davon, was Engel wirklich sind, manche zweifeln sogar an ihrer Existenz. Für die meisten bleiben sie ferne, freundliche Gestalten, die man schön findet, aber nicht ernst nimmt. Die Bibel zeigt ein anderes Bild: „Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt; du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf junge Löwen und Drachen“ (Ps 91,11-13). Engel sind mitten in unserem Leben präsent, sie begleiten, schützen, führen und heilen. Sie machen sichtbar, dass Gott aktiv eingreift, uns herausfordert und trägt.

Michael, Gabriel und Rafael
Die heiligen Erzengel besitzen besondere Sendungen. Michael ist der Verteidiger. Sein Name bedeutet: „Wer ist wie Gott?“, denn er stellt jede menschliche Macht infrage, die sich absolut setzt. Er kämpft gegen das Böse und schützt die Gläubigen. „Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen“ (Offb 12,7) heißt es in der Offenbarung. Hier steckt die Einsicht, dass das Böse real ist und nicht allein durch menschliche Vernunft überwunden werden kann. Michael erinnert uns daran, dass wir im Glauben nicht Zuschauer sind. Wir sind gerufen, uns dem Bösen zu widersetzen – im Vertrauen auf Gott, der den Sieg schenkt.
Gabriel, dessen Name „Gott ist meine Stärke“ bedeutet, erscheint als Bote der Verkündigung, die Wendepunkte in unserem Leben ankündigt. Sein Gruß an Maria – „Der Herr ist mit dir“ (Lk 1,28) – hat die Geschichte verändert. In seiner Botschaft steckt der ganze Anspruch Gottes: Er tritt konkret in unser Leben ein und fordert eine Antwort. Gabriel macht sichtbar, dass Gottes Reden auch heute geschieht – im Hören auf die Schrift, in den Sakramenten, in Begegnungen, die uns fordern. Wer auf Gabriels Botschaft hört, erkennt, dass ein authentischer Glaube bedeutet, Gott das eigene Leben zu öffnen.
Rafael schließlich, „Gott heilt“, ist der Begleiter auf gefährlichen Wegen. Im Buch Tobit führt er Vater und Sohn durch eine riskante Reise und heilt die Blindheit des Vaters (Tob 11). Rafael zeigt, dass wir Heilung brauchen – körperlich, seelisch und geistlich – und dass Heilung Teil des göttlichen Plans und ein Ausdruck Seiner Nähe ist. Wo wir uns stark fühlen, erinnert uns Rafael an unsere Verwundbarkeit. Wo wir in Dunkelheit stehen, führt er uns hindurch. Er zeigt einen Gott, der nicht abseits bleibt, sondern mitgeht und aufrichtet.

Gottes sichtbares Handeln
„Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen“ (Eph 6,12), schreibt Paulus. Wie sollen wir uns dagegen wappnen, ohne göttliche Beihilfe? Engel unterstützen uns dabei. Michael deckt Machtmissbrauch, Ungerechtigkeit und verborgene Bedrohungen auf. Gabriel erinnert uns daran, dass Worte Kraft besitzen und Gottes Botschaften Entscheidungen verlangen. Rafael konfrontiert uns mit Verletzlichkeit, Einsamkeit, Schuld und inneren Wunden, die wir nicht allein heilen können.
Der Benediktiner Anselm Grün beschreibt die Aufgabe der Engel so: „Gott schickt uns seinen Engel, um uns einen Weg zu weisen, den wir verloren haben“. Mit Thomas von Aquin kann der Gedanke ergänzt werden: „Nicht jeder, der von einem Engel erleuchtet wird, erkennt, dass er von einem Engel erleuchtet wird“ (STh I 111,1 ad 3). Engel wirken oft subtil, doch wer aufmerksam ist, erkennt, dass Gott mitten in unserem Leben handelt, uns aufrichtet und führt. Sie fordern uns heraus, aufmerksam und mutig zu sein, unsere Entscheidungen an Gottes Willen auszurichten und uns seinen Wegen anzuvertrauen.
Die drei heiligen Erzengel zeigen zusammen: Gottes Wirken ist vielfältig. Er schützt, Er spricht, Er heilt – und in allen Bereichen unseres Lebens können wir auf Seine Gegenwart vertrauen.

Engel im Dienst Gottes
Engel sind kein schöner Zierrat unseres Glaubens. Sie konfrontieren uns mit unserem Glauben und zeigen, dass Gott in unser Leben eingreift, auch wenn wir es ignorieren oder übersehen. Das kann unbequem sein. Die Frage, die die Engel stellen, ist immer gleich: Lassen wir Gott wirklich in unser Leben hinein oder halten wir ihn auf Abstand?
Engel sind kein Beweis dafür, dass Gott uns die Arbeit abnimmt. Lass uns auf sie hört, uns durch sie wachrütteln und handeln – gegen das Böse, für die Wahrheit, im Vertrauen, dass Gott mitgeht.