Berufen zur Heiligkeit – Warum jeder Christ befähigt ist

Heiligkeit wirkt oft wie ein fernes Ideal, fast so, als sei sie nur für besonders große Gestalten der Geschichte gedacht. Doch Jesus spricht seine Einladung nicht an eine Elite. Sie gilt allen, die ihm nachfolgen wollen. „Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Mk 8,34). Damit ist klar: Heiligkeit ist ein Weg, der in der nüchternen Entscheidung wächst, Christus ernst zu nehmen und in seinem Geist zu leben. Und das kann jeder von uns.

Ernsthaftigkeit der Berufung

„Lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist“ (Röm 12,2). Das ist echte Christusnachfolge, und das bedeutet Heiligkeit: sich innerlich erneuern zu lassen, sodass wir unser Denken, unsere Entscheidungen und unsere Handlungen an Gottes Willen ausrichten. Das ist kein abstrakter Gedanke, keine Sache der Unmöglichkeit oder Besonderheit. Im Gegenteil: Heiligkeit betrifft ganz konkrete Situationen – wie wir miteinander umgehen, wie wir unser Gewissen prüfen oder wie wir auf das Leid anderer reagieren. Heiligkeit fordert uns heraus, unser Kreuz, das „sanfte Joch“ und die „leichte Last“ (Mt 11,30), auf sich zu nehmen und auch dort treu zu bleiben, wo es unbequem wird.

Zugleich ist klar: Niemand kann den Weg der Heiligkeit allein gehen. Es ist nicht die Leistung des Einzelnen, sie entsteht in der Gemeinschaft der Kirche. Der heilige Augustinus hat es auf den Punkt gebracht: „Wenn ihr also Leib und Glieder Christi seid, dann liegt euer Geheimnis auf dem Tisch des Herrn: Euer Geheimnis empfangt ihr. (…) Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid!“ (Augustinus, Sermo 272). In der Feier der Eucharistie wird deutlich, dass unser Leben nicht uns selbst gehört. Wir empfangen Kraft aus der Hingabe Christi und werden zugleich hineingenommen in eine Gemeinschaft, die uns trägt und erzieht. Heiligkeit ist immer auch etwas Kirchliches; sie lebt von der Einheit mit Christus und mit den Brüdern und Schwestern im Glauben. Trennen lässt sich dabei nichts.

Freiheit des Gehorsams

Der Ruf Jesu wirkt zunächst streng: sich selbst verleugnen, das Kreuz tragen. Doch der Gehorsam ist nicht Last ohne Sinn, er führt in eine neue Freiheit. „Wenn euch also der Sohn befreit, dann seid ihr wirklich frei“ (Joh 8,36). Wer Christus folgt, erfährt, dass er nicht länger an eigene Schwächen, Launen oder äußeren Druck gebunden bleibt. Freiheit heißt nicht, alles zu tun, was gerade gefällt, sondern in Gott den festen Grund zu finden, der uns aufrichtet. Diese echte Freiheit macht innerlich weit, sie nimmt die Angst und schenkt Gelassenheit selbst in schwierigen Situationen.

Darum ist Heiligkeit kein bedrückendes Ideal, denn sie ist eine Quelle von Freude und Lebenskraft. In Christus verlieren wir nichts von dem, was unser Leben ausmacht; vielmehr gewinnt es an Authentizität und Erfüllung. Die Nähe Gottes macht das Menschliche reicher und nicht kleiner. Lassen wir uns auf diesen Weg ein, entdecken wir, dass Heiligkeit ein erfüllteres Leben bedeutet – geerdet, realistisch und zugleich von einer Hoffnung getragen, die über das Sichtbare hinausgeht.

Alle sind berufen

„Seid heilig, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig“ (Lev 19,2). Die Botschaft ist nicht für wenige, sie gilt uns allen. Heiligkeit ist möglich, weil Gott selbst uns dazu befähigt. Er schenkt seine Gnade, die unsere Schwächen verwandelt und unser Leben trägt. Und er traut uns allen zu, dass wir mit seiner Hilfe wachsen können. Jede und jeder Getaufte trägt den Ruf der Heiligkeit in sich, jede und jeder ist dazu eingeladen, ihn zu leben.

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