Ein Fremder am Tisch – Warum der Glaube mit einem geteilten Mahl beginnt

Mai 19, 2025

Wer sucht, erwartet Beweise. Wer hofft, will Zeichen. Doch der Glaube beginnt oft an einem Ort, der wenig Spektakuläres bietet: an einem Tisch, mit einem Brot, das gebrochen wird. Die Jünger von Emmaus erleben die Auferstehung nicht als Offenbarung am Himmel oder als ein leuchtendes Wunder, sondern in einem ganz einfachen Moment – „als er mit ihnen bei Tisch war“ (Lk 24,30).

Jesus hätte sich auch anders zeigen können. Mit Macht und Glanz. Mit überwältigender Klarheit. Doch er wählt den Weg der Nähe und der Geste. Das Brot wird nicht nur ausgeteilt, es wird gebrochen. Die Auferstehung zeigt sich im Alltag, nicht in der Beweisführung, sondern in der Begegnung. Und der Glaube beginnt hier, wo man sich einlässt – auch ohne zu verstehen.

Der Tisch als Ort der Erkenntnis

Das Mahl ist nicht nebensächlich. Es ist zentral. Die Jünger erkennen den Auferstandenen nicht beim Reden unterwegs, nicht beim Erklären der Schrift, sondern erst beim Essen. „Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete?“ (Lk 24,32) – ja, aber es bleibt nur ein Brennen. Das Erkennen geschieht beim Brechen des Brotes. Das Brechen des Brotes erinnert nicht nur an das letzte Abendmahl. Es offenbart seine Gegenwart.

Die Eucharistie lebt genau davon. Sie ist kein Gedächtnisritual allein. Sie ist nicht bloß Erinnerung. Im geteilten Brot offenbart sich der Herr, wie er sich den Jüngern offenbart hat. Ohne ein lautes Sprechen. „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“ (Lk 22,19). Der Satz trägt nicht nur eine Deutung, er verändert die Wirklichkeit. Der Glaube ist nicht etwas, das man sich ausrechnet. Er wird genährt, indem man empfängt und teilt.

Jesus zwingt niemanden zum Glauben. Er liefert keine Beweise, er gibt sich hin. Wie beim letzten Mahl, als er Judas den Bissen reicht, obwohl er wusste, was geschehen wird (Joh 13,26–27). Liebe drängt nicht, sie bietet sich an. Und sie erwartet eine Antwort. Wer sich an den Tisch setzt, sagt: Ich bin bereit, mich einzulassen.

Der geteilte Tisch verändert

Die Emmausjünger stehen nach dem Mahl auf: „Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück“ (Lk 24,33). Der Glaube, den sie empfangen haben, bleibt nicht bei ihnen. Er drängt zur Weitergabe. Sie sind nicht überzeugt worden, sie sind berührt worden. Und genau deshalb können sie nun Zeugen sein.

So wirkt auch die Eucharistie. Sie macht nicht satt im gewöhnlichen Sinn. Sie macht nicht schlauer. Aber sie verändert. Sie lässt einen nicht so bleiben, wie man gekommen ist. Der Tisch, an dem Christus das Brot teilt, ist kein sicherer Ort. Wer sich hinsetzt, gibt etwas von sich her – und empfängt mehr, als er erwartet.

Gott offenbart sich nicht im Beweis. Er zeigt sich im täglichen Brot. Und wer es empfängt, erfährt nicht sofort die Lösung aller Fragen – aber er begegnet einem, der durch das Brechen heilt.

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